Corona, Corona, Corona - nichts als Corona?

Wie befreiend könnte es da sein, auf den Vers aus dem Hebräerbrief zu hören.
Andacht bei der Bezirksynode von Dekan Fredrich Zimmermann.

Wandmalerei in der Laurentiuskirche Hemmingen

Eine Sequenz aus dem Hebräerbrief, nur 11 Worte: Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.
Vor ca. 20 Jahren waren wir als Familie in Quedlinburg. Ein Fachwerkhaus reiht sich an das nächste, eines schöner als das andere. Eines unserer Kinder hatte nicht wirklich Lust zu einem Stadtrundgang. Und ich hörte es vor sich hinbruddeln, den Blick gesenkt auf die gepflasterte Straße: „Stein, Stein, Stein – nichts als Steine.“ Was soll man da als Vater sagen? „Guck doch einfach mal nach oben, auf die Häuser, die Türen, das Fachwerk…“

In letzter Zeit geht es mir so – und sicher vielen von Ihnen auch:
Corona hier, Corona da - hier die Verordnung des Kultusministeriums, da der Erlass der Kirchen-leitung - hier die einen, die der Kirche den Vorwurf machen: Ihr zieht euch zurück. Da die anderen, die den Kopf schütteln, dass wir Präsenzgottesdienste feiern. Hier Maskenverweigerer, dort Impfstoffjäger – Corona, Corona, Corona – nichts als Corona.

Wie befreiend könnte da sein, mit diesen 11 Worten aus dem Hebräerbrief ernst zu machen? Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.
Einmal absehen von dem, wovon wir täglich, ja, Schritt für Schritt, verfolgt sind.
Aufsehen auf Jesus – klarkriegen, wer er ist, wie er ist… Weiß ich doch. Mir ist noch aus meinen Anfangsjahren als Pfarrer der Satz eines Taufvaters im Ohr: „Ich muss nicht in die Kirche. Was dort gesagt wird, weiß ich schon.“
Haben wir auf dem Schirm – oder im Blick – wer dieser Jesus ist? Das Kind in der Krippe, am Rand der Gesellschaft in einem Viehunterstand geboren – auf jegliche Herrschaftsallüren verzichtend – ja, betonend, mit dem Wochenspruch für diese Woche gesprochen: „Ich bin nicht gekommen, dass ich mir dienen lasse, sondern dass ich diene…

Das hat er nicht bloß gesagt. So hat er gelebt. Denken Sie bloß an die eine Szene, die Johannes in seinem Evangelium beschreibt: Jesus bindet sich einen Schurz um und tut, was sonst der Haussklave machte: Er wäscht den Versammelten, seinen 12 Jüngern, die Füße. Ach ja, die Füße, und nicht den Kopf (der es doch sicher nötig gehabt hätte).
Aber mit mehr noch als mit Füße-Waschen, dient er. „Ich bin nicht gekommen, dass ich mir dienen lasse, sondern dass ich diene und gebe mein Leben als Lösegeld für viele.“

Er für mich. Er für Sie. Ach, wir wissen es. Wir kennen das. Also: Dann lasst uns aufsehen auf Jesus… Dann lasst uns diesen Jesus in Augenschein nehmen. Dann lasst uns – zum einen seinem Vorbild nacheifern. Lasst uns dienen, einander dienen, einander die Füße waschen, und nicht den Kopf. Aber lasst uns zum andern ihn auch uns dienen. Lasst uns zulassen, dass er sein Le-ben für uns einsetzt – als Lösegeld – um uns freizukaufen. Wovon? Aus allem, was unfrei macht. Ich bin mir sicher, das weiß jede und jeder am besten selbst, was unfrei macht.

Steine, Steine, Steine – Corona, Corona, Corona… sie werden bleiben, es wird bleiben, was uns das Gehen, ja, das Leben schwer macht. Es wird bleiben, wo uns der Schuh drückt.
Aber der Perspektivwechsel ist heilsam. Es ist heilsam, nach oben zu sehen. Es ist heilsam, da-rauf zu sehen, was uns geschenkt ist – einfach so:
Dass heute das Wetter so schön war – es Frühling wird – wir auf Ostern zugehen – wir glauben können – wir in Freiheit leben können – wir Gemeinde haben – die meisten von uns noch so viel auch an Materiellem haben, dass sie davon weitergeben können, austeilen können.
Lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.

Dekan Friedrich Zimmermann, Ditzingen

 

Hymnus aus dem Philipperbrief

 

Christus Jesus,
der in göttlicher Gestalt war,
hielt es nicht für einen Raub,
Gott gleich zu sein,  
sondern entäußerte sich selbst
und nahm Knechtsgestalt an,
ward den Menschen gleich
und der Erscheinung nach
als Mensch erkannt.  
Er erniedrigte sich selbst
und ward gehorsam bis zum Tode,
ja zum Tode am Kreuz.  
Darum hat ihn auch Gott erhöht
und hat ihm den Namen gegeben,
der über alle Namen ist,
dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen
aller derer Knie,
die im Himmel und auf Erden
und unter der Erde sind,  
und alle Zungen bekennen sollen,
dass Jesus Christus der Herr ist,
zur Ehre Gottes, des Vaters.

 

Gebet

 

Bei dir, Jesu, will ich bleiben,
stets in deinem Dienste stehen;
nichts soll mich von dir vertreiben,
will auf deinen Wegen gehen.
Du bist meines Lebens Leben,
meiner Seele Trieb und Kraft,
wie der Weinstock seinen Reben
zuströmt Kraft und Lebenssaft.

Amen.